Kännsch mi ?

Kännsch mi?

Wir beachten sie nicht, kennen kaum ihre Namen und im Garten landen sie auf dem Unkraut-Haufen. Doch eigentlich sind sie wunderbare Heil- und Nahrungspflanzen.
Es sind diese kleinen und unterschätzten Pflanzen, welche im Rahmen des Projekts Superfood vor der Haustüre die Passanten fragen: «kännsch mi?»

In den letzten Jahren war die Brennnessel unser Paradebeispiel einer abgewerteten Powerpflanze. Jetzt stellen wir zehn weitere solche vor, begleitet von einfachen Verwendungsmöglichkeiten für die Küche.Wir sind der Meinung, dass Umweltschutz und die Liebe zur Natur direkt vor unserer Haustüre beginnen sollten.Wir wünschen viel Freude beim Entdecken und Geniessen.
Doris Abt & Martin Hofer

“Kännsch mi?”
Vom 8. Mai bis 21. Mai 23 -Ausgeschilderter Weg zum kennen lernen von 10 essbaren Wildpflanzen. Der Eulach entlang vom Sportplatz bis zum Sulzergebäude. 

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Heil- und Küchenkräuter 

Die hier vorgestellten Wildkräuter sind eine unglaubliche Quelle wertvoller Inhaltsstoffe und gelten alle als altbekannte Heilpflanzen. Sie sind ein Segen für unser Immunsystem. Damit der Magen nicht überfordert wird, sollte jedoch unbedingt mit kleinen Mengen angefangen werden. Die Wildkräuter, welche als «Beigemüse» im Garten oder in den Töpfen wachsen, können eine tägliche Bereicherung zu den üblichen Menüs sein. Grundsätzlich gilt: ausprobieren und kombinieren, so wie es für einen persönlich passt. Hier ein paar Beispiele, wie die zehn aufgeführten Wildpflanzen verwendet werden können. 

  • Die frischen Kräuter fein schneiden und beliebig in Kräuter-Quark, in Saucen, zum Würzen und Dekorieren einsetzen.

  • Die Blüten und Samen frisch, getrocknet oder geröstet auf das Butterbrot, in das Müesli oder über den Salat streuen.

  • Die zarten Blätter und Blüten ergeben einen wunderbaren Wildkräutersalat.

  • Brennnessel, Giersch, Wegerich, Labkraut und das Fünffingerkraut lassen sich wie normales Blattgemüse kochen. Sie können in Aufläufen, als Spinat, in Omeletts, Quiches, Spätzli und vielen weiteren Gerichten verwendet werden.

  • Bekannt ist die Neunkräuter-Suppe, in der alle Kräuter zusammen zu einer energiereichen Suppe verarbeitet werden. Dieses und weitere Rezepte finden Sie hier.

  • In Säften und Smoothies können sie nach Lust und Laune zum Beispiel mit Früchten kombiniert werden.

  • Für Tees die frischen oder getrockneten Blätter und Blüten verwenden.

  • Die süsslichen Blüten eignen sich für Sirup, Bowlen und Desserts.

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Pflanzen sammeln und lagern

Vor der Blüte sind die Stängel und Blätter am zartesten. Danach geht die Kraft in die Blüte und die Blätter werden faseriger. Gesammelt werden nur die schönen, unversehrten Blätter ohne Verfärbungen oder Flecken. Selbstverständlich an einem Ort, welcher nicht verunreinigt ist.
Die Wiesen sind im Normalfall Privateigentum. Durch hohes Gras laufen klar vermeiden und im Zweifelsfall einfach die Landwirte fragen, ob Sammeln in Ordnung ist.

Pflücken stets mit Mass und Respekt der Natur und den Pflanzen gegenüber. Viele Urvölker waren überzeugt, dass die Heilkräfte der Pflanzen nicht nur chemisch, sondern genauso geistig wirken und es deshalb wichtig ist, auf welche Art gesammelt wird.
Wenn im Garten oder in den Blumentöpfen etwas Wildnis gelassen wird, tauchen viele dieser Pflanzen von selber auf und stehen so direkt zur Verfügung. Getrocknet wird das Sammelgut an einem warmen Ort, gut durchlüftet, aber ohne direkte Sonneneinstrahlung.
Lagern am besten in einem trockenen und lichtundurchlässigen Gefäss. Die frischen Kräuter halten sich im Kühlschrank oder einer Vase eine Weile, sie können aber auch gut eingefroren werden.
PlantNet oder ähnliche Apps können bei der Bestimmung der Pflanzen hilfreich sein.

Weitere Infomationen, Buchempfehlungen und Rezepte auf dieser Webseite.

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Brennnessel

Urtica Dioica

Die Brennnessel ist berühmt-berüchtigt aufgrund ihres genialen Abwehrsystems. Die Brennhaare schützen sie effizient vor Fressfeinden. Damit wir die vielen Vorzüge der gehaltvollen Pflanze geniessen können, ohne dass sie brennt, sollte sie gewalkt, gekocht oder gemixt werden. Dann kann sie zu unzähligen Menüs verarbeitet werden. Die Brennnesssel stärkt als Nahrung Mensch und Tier und als natürlicher Gartendünger sogar andere Pflanzen. (Dünger Rezept auf: brennpunktbrennnessel.ch)

Die Samen lassen sich am besten mit dem Stiel pflücken und auf einem Tuch trocknen. Dann fallen die Samen ab, können durch ein Salatsieb geschüttelt und verfeinert werden. Aber auch frisch schmecken die kleinen Blüten und die etwas später folgenden Samen wunderbar und leicht nussig. Die Samen wurden früher den Pferden verfüttert, bevor sie verkauft wurden, damit sie durch besonders schönes Fell und viel Energie auffielen.

Brennnesseln schmecken gut und tun gut. Das haben die über 50 Schmetterlings- und Falterraupen, welche von ihr leben, schon lange entdeckt.

Wegerich

(Spitzwegerich, Breitwegerich, Mittelwegerich)

Plantago major, P.minor, P.media

Den Wegerich finden wir, wie der Name schon sagt, auf Trampelpfaden, an unwirtlichen Orten, auf verdichteten Böden und Parkplätzen.

In der Küche macht er sich roh oder gekocht in verschiedenen Speisen gut. Seine Samen schmecken wunderbar und leicht nach Pilz. Sie können gedünstet, in Öl eingelegt oder roh verzehrt werden.

Schon die Kinder legen zerdrückte Pflanzenblätter, für die schnelle Linderung, auf kleine Wunden, Brennnessel- und Mückenstiche. Sie wirken tatsächlich blutstillend und beruhigend, auch bei Verbrennungen, Geschwüren und Krampfadern.

Wegerich-Tee oder Wegerich-Sirup sind beruhigend und schleimlösend bei Bronchialkatarrh, Husten und anderen Lungenerkrankungen. Werden die Blätter bei 50 - 60 Grad schnell getrocknet oder im Zucker eingelegt,bleibt die antibakterielle Wirkung erhalten.

Löwenzahn

Taraxum officialis

Löwenzahn ist extrem anpassungsfähig. Seine Vitalität zeigt sich auch in der beeindruckenden Menge an Inhaltsstoffen wie Vitamine und Eisen. Die gepflückten Blätter ergeben einen wunderbaren Frühlingssalat!

Durch den Verzehr von Löwenzahnblättern werden Verdauung, Leber, Galle, Milz, Bauchspeicheldrüse undNieren angeregt. Als Tee wirken sie gegen Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Verdauungsschwäche.

Wegen seiner Hartnäckigkeit ist er im Garten nicht gerne gesehen. Doch öffnet er beispielsweise mit seinen kräftigen, tiefen Wurzeln verdichtete Bodenschichten und holt wertvolle Spurenelemente nach oben, welche über den Humus den anderen Pflanzen wieder zur Verfügung stehen. Ganz nebenbei lieben die später so wertvollen Baby-Regenwürmer die Nähe der Löwenzahnwurzeln. Und zu guter Letzt sind sie äusserst nektarreiche Blütenweide für Bienen.

Gänseblümchen, Massliebchen

Bellis perennis

«Ewig schön», dies ist die Übersetzung des lateinischen Namens vom Gänseblümchen. Das Gänseblümchen strahlt tatsächlich freundlich und unermüdlich fast das ganze Jahr hindurch, und das trotz häufigem Rasenmähen.

In der Geschichte wurde es lange Zeit verehrt und später im Gegenzug dazu immer wieder als böses Unkraut bekämpft.

Im Gegensatz zu anderen aromatisch duftenden Kräutern ist das Gänseblümchen geruchlos, weist aber einen eigenen, nussähnlichen Geschmack auf. Die Knospen und Blüten sind voller wertvoller Inhaltsstoffe und sehr dekorativ auf Salaten oder Desserts. Wem es zu schade zum essen ist, kann – wie die Kinder es tun – sich ein Blumenkränzchen flechten.

Die Heilpflanze wird bei Husten, Gelenkbeschwerden und Hautproblemen verwendet.

Zaunwicke

Vicia sepium

Die Zaunwicke ist mit ihren rotviolett bis trüb blauen Blüten ein hübsches und schmackhaftes Kraut. Die verwandte weissblütige Edelwicke ist hingegen giftig.

Die Zaunwicke besitzt einen hohen Eiweissgehalt, so dass manche Landwirte sie in ihre Wiesen säen, um ein besseres Futter für die Tiere zu erhalten.

Die jungen Triebspitzen sind knackig, saftig und schmecken leicht nach Erbsen. Die Blüten wiederum süss-säuerlich mit viel Nektar. Die Samen sind leicht giftig und sollten nicht verzehrt werden.

Ameisen besuchen die Pflanze und schützen sie. Belohnt wird die Ameisenarmee in Form von Nektar. DieZaunwicke zählt ebenfalls zu den alten Heilpflanzen. Sie regt vor allem den Stoffwechsel an.

Gundermann, (links) & Kriechender Günsel (rechts)

Glechoma hederacea & Ajuga reptans

Der Gundermann durchwuchert mit seinen langen Ausläufern die Wiesen und verbreitet seinen angenehm würzig riechenden Duft. Er wird sehr gerne von Bienen und Schmetterlingen besucht.

Nur selten wird das Wildkraut in der Küche verwendet. Dabei macht sein herbes bis leicht harziges Aroma viele Alltagsgerichte wie Kartoffeln und Eierspeisen interessanter. Allerdings sollter er nicht in grossen Mengen eingenommen werden, und nicht bei Reizdarm.

Im Mittelalter wurde der Gundermann in klösterlichen Gärten als Arzneimittelpflanze angebaut und zur Heilung von Wunden eingesetzt. Er enthält Beispielsweise wertvolle Bitterstoffe und stärkt dadurch Herz und Leber.Durch die Gerbstoffe hat er die Eigenschaft, wundes, verletztes oder eitriges Gewebe zu festigen und zu trocknen. Eine Teespülung bei wundem Zahnfleisch soll Wunder wirken.

Zum Vergleich haben wir auch den Kriechenden Günsel fotografiert. Er gehört wie der Gundermann zu den Lippenblütlern, ist an ähnlichen Standorten zu finden und gleich zu verwenden.

Kriechendes Fingerkraut, Fünffingerkraut

Potentillas reptans

Wie ihr Name sagt, kriecht die Pflanze mit langen Ausläufern dem Boden entlang und bildet an den Knotenstellen neue Wurzeln.

Die kleinen gelben Blüten beherbergen über 200 Samen, welche von den Ameisen verbreitet werden. So verwundert es nicht, dass der Kampf, das Kraut loszuwerden, fast chancenlos ist. Umso mehr lohnt es sich, die noch zarten Blätter und Blüten einfach zu verspeisen – sie schmecken mild und salatartig. In der Küche ist es unkompliziert und kann gut in grösseren Mengen verarbeitet werden.

Die Fingerkräuter sind altbekannte Heilpflanzen. Sie werden unterstützend angewendet bei unspezifischenDurchfallerkrankungen, Bauch- und Unterleibsschmerzen, wie sie unter anderem bei der Menstruation vorkommen.

Wiesen-Labkraut

Galium mollugo. agg.

Verwendet wird der ganze obere Teil des Krautes mit Blüten und Stielen, solange sie weich sind. Im Frühling gehört es zu den ersten Kräutern welche unter dem Schnee zu finden sind. Das beliebte Salatkraut schmeckt wie eine Mischung aus Kopfsalat und Rucola. Die Blüten und Knospen können über den Salat gestreut werden.
Die unzähligen kleinen und feinen Blüten eignen sich für eine aromatische Bowle, Sirup oder Desserts. Auch fürSäfte und Smoothies ist das Labkraut sehr geeignet.

Getrocknete Samen dienen im Winter als wunderbare frische Keimsaat.

Tee hilft bei leichten Depressionen, Unruhe oder hohem Cholesterinwert. Seine nervenstärkende und harntreibende Wirkung war ein Grund, warum das Labkraut früher zu Heilbier verarbeitet wurde.

Lauchhederich, Knoblauchrauke

Alliaria petiolata

Die Blätter und Triebe der Knoblauchsrauke lassen sich als Küchengewürz und in Salaten und Gemüsegerichten, Kräuterquark und ähnlichem verwenden. Von Mai bis Juni sind die Blütenstände würzige Speisedekoration.Sie schmecken nach einer Mischung aus Knoblauch und Kresse. Die getrocknete Wurzel ist aromatisch scharf. Die schwarzen Samen sind scharf und können wie Pfeffer verwendet werden.

Als Heilpflanze nützt sie bei Katarrhen der Atemwege, gegen Asthma und als Gurgelmittel. Zudem hilft sie gegen Wurmbefall, fördert die Verdauung, wirkt harntreibend und blutreinigend.

Für viele Schmetterlingsarten wie zum Beispiel das Waldbrettspiel ist der Lauchhederich ein wichtiger Nektarlieferant. Für den Aurorafalter und weitere Tag- und Nachtfalterraupen ist er zusätzlich eine wichtige Futterpflanze.

Gewöhnlicher Giersch, Geissfuss

Aegopodium podagraria

Der Giersch findet sich an schattigen Lagen am Gehölzrand. Auch er ist eine schwer loszuwerdende Pflanze, mit der es sich jedoch lohnt Freundschaft zu schliessen. Die zarten Blätter können nahezu das ganze Jahr roh oder erwärmt in beliebigen Gerichten gegessen werden.

Sie enthalten überdurchschnittlich viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Frisch oder getrocknet schmecken die Blüten zart süsslich und die Früchte ergeben ein leicht scharfes Gewürz.

Wie sein Name podagraria (fussgichtheilend) sagt, neutralisieren die Mineralien im Giersch Übersäuerungen, welche Auslöser für Gicht und Gelenkschmerzen sind.

Seine Blüten sind eine beliebte Bienenweide, und Falter wie der Dukatenfalter oder der Kleine Eisvogel nutzenden Giersch als Nektar- und Raupenpflanze.